Schweizer Innovationsgeist lebt

Date: October 17th 2011
Published by: St. Galler Tagblatt
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Die Schweiz ist bezüglich Innovationen ein fruchtbares Land. Jedes Jahr werden 35000 Unternehmen gegründet. Innovationsgeist alleine nützt aber nichts, wenn nicht auch die Finanzierung gesichert ist. Doch hier gibt es Unterstützung.

von Sabrina Dünnenberger

ST.GALLEN. Etwa 200'000 Firmen sind in den letzten fünf Jahren in der Schweiz gegründet worden. Eine davon ist Optotune. Das Unternehmen mit Sitz im zürcherischen Dietikon ist eben vom St.Galler Institut für Jungunternehmen (IFJ) als bestes Start-up ausgezeichnet worden. Das Institut hat zusammen mit der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) des Bundes und weiteren Trägerschaften die 100 besten Jungfirmen der Schweiz wählen lassen. Optotune hat bei den Brancheninsidern, Investoren und Förderern offensichtlich den besten Eindruck hinterlassen. Die Mission der Optotune-Gründer: Sie wollen die Optik revolutionieren. Das mit Linsenaus elastischen Polymeren, die fokussieren wie das menschliche Auge, also verformbar sind. Das ermöglicht die Entwicklung kompakter optischer Zoom- oder Autofokuslösungen für Kameras und Beleuchtungen. Das Unternehmen wurde 2008 von drei ETH Ingenieuren ins Leben gerufen.

Von Doodle bis Joiz

Was auffällt: Bei den durch das IFJ ermittelten 100 besten Startups handelt es sich meist um Technologie- und Internetfirmen. Das zeigen alleine schon die Namen wie Dacuda, Lemoptix,Typesafe oder Abionic. Fast jedes vierte dieser 100Unternehmen ist in der Medizinaltechnik angesiedelt. Der breiten Öffentlichkeit bekannt sind erstwenige dieser jungen Firmen. So etwa Doodle. Das Unternehmen liegt auf Platz drei der Rangliste der besten 100. Bereits 9 Mio. Menschen koordinieren laut Doodle ihre Termine mit Hilfe des Online-Tools. Ein weiterer bekannter Name in der Rangliste ist Joiz, das «Fernsehen für 15- bis 35-jährige». Unter die 100 besten Jungunternehmen geschafft haben es laut IFJ solche, die bereits Finanzierungsrunden abgeschlossen oder sich auf dem Markt etabliert haben. Über 90% dieser Top 100 werden auch in zehn Jahren noch geben, schätzt Beat Schillig, Geschäftsführender Partner des IFJ. Es handle sich ja auchumdie besten 100 von rund 200000 Jungunternehmen. Allerdings: Etwa die Hälfte dürfte früher oder später übernommen werden. Das sei fast immer das Ziel, wenn professionelle Investoren an Bord seien. Denn diese erwarteten nach fünf bis zehn Jahren einen Gewinn durch den Verkauf ihrer Aktien. Die andere Hälfte dürfte sich unabhängig entwickeln und eigenständig wachsen.

Wachsende Unterstützung

Die Unabhängigkeit zu wahren ist Optotune bisher gelungen, wie Mitgründer Mark Blum sagt. «Bisher sind wir gut ohne Investoren durchgekommen.»EinVerkauf sei nicht das Ziel, «wir wollen primär ein Unternehmen aufbauen, nachhaltig investieren und unser Produkt etablieren.» Ein Grossteil der Finanzierung werde seit drei Jahren durch Entwicklungsprojekte gesichert. Das Startkapital stammte zu einem guten Teil aus Wettbewerben für Jungunternehmer beziehungsweise deren Businessplänen. Hier profitieren Schweizer Jungfirmen von der stetig wachsenden Unterstützung durch Institutionen wie das IFJ. «Man könnte sagen, es war noch nie so einfach wie heute, ein Unternehmen zu gründen», sagt Schillig. Über 7 Mio. Fr. an Startkapital wurden über die durch Stiftungen finanzierte Initiative «venture kick» bereits an 194 Projekte ausgezahlt. Dazu kommt laut Schillig auch die Sensibilisierung an den Hochschulen etwa durch Semesterkurse, in denen Studierende an ihren Geschäftsideen arbeiten.

Warten auf den «Jackpot»

Die Geschäftsidee von Optotune entstammt der Dissertation des Mitgründers Manuel Aschwanden. Die grösste Herausforderung war es laut Blum, von der Technologie zum Produkt zu kommen. «Ein Demonstrationsobjekt hat man bald einmal – entscheidend ist, dass man es einem Kunden auch verkaufen kann.» Gerade bei einem neuartigen Produkt sei das gar nicht so einfach und mit Risiken verbunden. Die meisten Linsen, die Optotune bisher verkauft hat, gingen zu Versuchszwecken an Firmen. «Die Versuche verlaufen zum Glück positiv, und noch dieses Jahr werden erste Serien geliefert», sagt Blum. Optotune beschäftigt 23 Angestellte. Laut Schillig stellen die wachstumsstärksten fünf der Top-100-Jungfirmen 300 Arbeitsplätze. Detaillierte Zahlen liegen noch nicht vor.

Krise kann beflügeln

Direkte Auswirkungen der angespannten wirtschaftlichen Situation auf das Gründungsfieber sieht Schillig nicht. Im Gegenteil: Die direkteste Konkurrenzsituation zum Unternehmertum seien attraktive Stellenangebote der Industrie für Studienabgänger –und diese nähmen in einer Krise ab.