Schnelles Fokussieren mit kompakten Systemen dank Polymerlinsen mit abstimmbarer Brennweite

Date: March 2012
Published by: Inspect
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Fokusvariable Linsen basierend auf elastischen Polymeren eröffnen neuartige Möglichkeiten in der adaptiven Optik. Mit diesen formveränderbaren Linsen können optische Systeme kompakt, zuverlässig und mit schnellen Antwortzeiten realisiert werden.

Von Dr. Selina Pekarek und Mark Blum

Vorteile von Linsen mit variierbarer Brennweite

In traditionellen optischen Systemen wird eine Änderung der Fokussierung durch Verschiebung der Linsen erreicht. Dies setzt mechanische Aktuatoren voraus, was die Kompaktheit, die Antwortzeiten und nicht zuletzt auch die Robustheit und Lebensdauer des Systems limitiert. Im Gegensatz dazu kann mit fokusvariablen Linsen die Anzahl der mechanischen Komponenten reduziert werden. Einerseits werden dadurch die Systemkosten gesenkt, andererseits verbessert sich die Robustheit und die Kompaktheit des Systems. Zudem verringern sich auf Grund des geringeren Gesamtgewichts der Energieverbrauch und die Antwortzeiten. Desweiteren zeigt das Beispiel eines Auto-Fokus Systems weiter unten, dass mit fokusvariablen Linsen auch eine bessere optische Qualität erzeugt werden kann.

Funktionsweise der Polymerlinsen mit veränderbarer Form

Die Firma Optotune hat eine formveränderbare Linse entwickelt, die auf elastischen Polymeren basiert. Die Brennweite dieser Linse kann mechanisch oder elektronisch kontrolliert werden. 

Das Kernelement der Optotunelinsen besteht aus einer dünnen Membran. Diese bildet die Grenzschicht zwischen zwei Kammern, die mit zwei transparenten Materialien mit unterschiedlichem Brechungsindex gefüllt sind. Im einfachsten Fall befindet sich in der einen Kammer eine Flüssigkeit und in der anderen Luft. Der Druckunterschied zwischen diesen Kammern bestimmt den Radius der Krümmung bzw. die Form der Linse. Dieser Druckunterschied kann auf unterschiedliche Weise geregelt werden. Optotune verwendet zwei verschiedene Prinzipien.  Bei der mechanischen Regelung (siehe Abb. 1) wird ein Gewindering verwendet, der die Membran wölbt, wodurch sich diese mit Flüssigkeit füllt. Damit kann die Linsenform von konkav über plan bis konvex verändert werden. Der Druckunterschied in den zwei Kammern kann auch elektromechanisch z. B. durch Schwingspulen, Piezo- oder Schrittmotoren kontrolliert werden. 

Vorteile und Herausforderungen der Polymerlinsen-Technologie

Die vorgestellte Polymerlinsen-Technologie weist einige Vorteile gegenüber alternativen Ansätzen fokusvariabler Linsen auf. Allen voran sind dies die grossen Fokallängenbereiche bei hohen Aperturgrössen. So lassen sich z.B. bei 20 mm Apertur ohne weiteres Brechkräfte von -25 bis +25 Dioptrien erreichen oder bei 55 mm Apertur Fokallängen von 60 mm bis unendlich. Die elektrische Version lässt sich bei tiefen Spannungen (<5 V) betreiben und ist komplett hysteresefrei. Zudem besitzen die Linsen hohe Zerstörschwellen und weisen nahezu keine Polarisationsempfindlichkeit auf. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die sehr kurze Antwortzeit. Abb. 2 zeigt, dass diese im Bereich einiger Millisekunden liegt. Eine Herausforderung für diese Art fokusvariabler Linsen stellt die Schwerkraft dar. Diese verursacht ein Komafehler, wenn die Linse in vertikaler Position (horizontale optische Achse) verwendet wird. Jedoch kann dieser Komafehler durch passendes Membrandesign minimiert werden, womit auch die Anforderungen für Präzisionsanwendungen erfüllt werden.

Zwei Anwendungen fokusvariabler Polymerlinsen

Auto-Fokus

Traditionellerweise wird die Fokussierung eines Objekts bei verschiedenen Distanzen durch eine Verschiebung einer oder mehrerer Linsen erreicht. Abb. 3 zeigt ein einfaches Beispiel mit einer Linse. In Abb. 3a) ist das System auf unendlich fokussiert und erreicht eine gute optische Qualität (abgebildet ist die Modulationstransferfunktion (MFT) für das Null-Feld). Wenn nun die Objektdistanz reduziert wird (im Beispiel auf 100 mm), muss das System verändert werden um eine Nachfokussierung zu erreichen. Die Nachfokussierung in Abb. 3b) wurde durch axiale Verschiebung der Linse erzeugt, wohingegen in Abb. 3c) eine Formänderung der Linse benützt wurde. Hier zeigt sich der grosse Vorteil adaptiver Optik: die erreichte optische Qualität mit der formveränderten Linse ist wesentlich besser als die mit der verschobenen Linse. 

Beleuchtung

Fokusvariable Linsen sind nicht nur für abbildende Anwendungen vorteilhaft, sondern auch für Beleuchtungssysteme. Für diese Anwendungen sind grosse Verstellbereiche notwendig und die optischen Intensitäten sind hoch. Formveränderbare Kondenserlinsen basierend auf der Polymerlinsentechnologie erfüllen diese Bedingungen. Ein Beispiel ist in Abb. 4 gezeigt. Dieses Spotlicht ermöglicht einen verstellbaren Strahlwinkel. Das Design besteht aus einer LED, sekundärer Optik und einer formveränderbaren Kondensorlinse und einem Deckglas. Die LED zusammen mit der Sekundäroptik bestimmt den maximalen Strahlwinkel des Spotlichtes. Durch Einstellung der Kondensorlinse zu einer konvexen Form wird das Licht auf eine kleinere Spotgrösse fokussiert. Der Strahlwinkel kann damit von 45 bis 10 Grad (definiert über die full width half maximum, FWHM) variiert werden. 

Neben den erwähnten Anwendungen in Beleuchtungs- und Abbildungssystemen profitieren auch andere Gebiete wie z. B. die Ophthalmologie von den vorgestellten fokusvariablen Linsen. Desweiteren sind auch biomedizinische Anwendungen wie beispielsweise Brillengläser oder sogar Intraokularlinsen sehr vielversprechend. Dank der hohen Zerstörschwelle sind die Polymerlinsen auch sehr gut geeignet für Laseranwendungen wie Materialbearbeitung oder Laserprojektion.